Wollt ihr wissen, wie eine Rätseltour eigentlich entsteht? Unser Rätseltour-Autor Carl Blaustein plaudert aus dem Nähkästchen.
Wer bereits eine Rätseltour von planlos.in gespielt hat, weiß, dass die Rätsel liebevoll vor Ort gestaltet sind. Carl Blaustein verrät uns, woher seine Inspiration kommt & ob es Tipps & Tricks gibt, die Herausforderungen etwas leichter zu machen.
planlos.in: Lieber Carl, vorab möchten wir uns bedanken, dass du dir die Zeit nimmst, uns einige Fragen zu beantworten.
Carl: Gerne!
p: Woher findest du die Inspiration für deine Rätseltouren?
Carl: Am wichtigsten ist es, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. Man findet an vielen Häusern versteckte Details wie Figuren am Fries oder Inschriften, auf denen sich die Erbauer:innen verewigt haben. Auch in manchen Schaufenster stehen witzige Puppen oder Schilder mit kauzigen Botschaften. Dann muss man nur noch das Thema suchen, was alles zusammen bringt. In der Kölner Altstadt etwa gibt es viele witzige Details, von Tünnes und Schäl über den Heinzelmännchen-Brunnen bis zu Schmitz-Säule. Da lag es nahe, das ganze mit einer humorigen Geschichte über die Kölner Heinzelmännchen zu verbinden.

Rätseltour in Köln “Der Heinzelfall”
p: Bei dir kommt also erst die Strecke und dann die Geschichte?
Carl: Nicht unbedingt die ganze Strecke, aber einen groben Plan, was für Schauplätze Teil der Tour sein könnten, habe ich in der Regel, bevor die Story konkreter wird. So führt die Tour "Schnappt Meisterdieb Manni Klunker" durch einige Passagen mit Geschäften, sowie Bezug zum Hamburger Seehandel. Da lag eine Geschichte nahe, die beides aufgreift.
p: Du hast Rätseltouren in Hamburg, Leipzig und Köln geschrieben. Bieten die unterschiedlichen Locations andere Herausforderungen?
Carl: All diese Städte bieten viele Details für aufmerksame Betrachter, und das in hoher Dichte. So sind lange Laufstrecken zwischen den Rätseln nicht nötig, und auch unterwegs gibt es genug zu sehen. Die Herausforderung liegt eher darin, dass die Stadt ein "lebendes" Objekt ist: Im Hamburger Schanzenviertel (Reimbuch-Tour) musste ich darauf achten, Street-Art und Graffitis auszuwählen, die nach Möglichkeit nicht nächste Woche schon übersprüht werden. In Köln dagegen ist die Altstadt seit einigen Jahren eine einzige Baustelle, was manche Routen von vornherein schwierig macht. Die Leipziger Altstadt hat derartige Probleme nicht, ist allerdings so kompakt, dass man ein wenig darauf achten muss, dass die Tour nicht dieselben Orte mehrfach streift.

Rätseltour “Döge Leipzig - Der Effiziensrat greift durch” - Foto Toni Miersba
p: Hast du bei der Rätselentwicklung Favoriten, auf die du gerne zurückgreifst?
Carl: Die schönsten Rätsel ergeben sich an Ort und Stelle, und funktionieren dann auch nur genau dort. Das wichtigste ist der "Aha"-Effekt, also dass es bei Lösung des Rätsels (oder beim Folgen des richtigen Wegs) "klick" macht und man sich dann sicher ist, die eine richtige Lösung zu haben, und man nicht das Gefühl hat, zu raten. Wenn es dazu ein bisschen witzig ist, um so besser. Das funktioniert z.B. bei Umschreibungen mit Anagrammen oder Metaphern gut: Ein scheinbarer Buchstabensalat oder Nonsens-Satz aus der Aufgabenstellung passt plötzlich zu etwas, das man vor Ort sehen kann, und ergibt damit Sinn.
p: Wie lange dauert es, bis du eine Rätseltour fertiggestellt hast?
Carl: In der Vergangenheit zog sich die Entwicklung meiner Touren jeweils über etwa zwei bis vier Monate, in denen ich dann jeweils mehrfach nur ein paar Tage intensiv vor Ort gearbeitet habe. Das ist auch gut: Man sieht sich irgendwann ein wenig "satt" und muss zwischendurch etwas anderes machen. Dann kommt man beim nächsten Mal mit einem frischen Blick wieder und bemerkt ganz neue Details, die dann zum Beispiel ein schönes Rätsel ergeben.
p: Wie lange feilst du im Anschluss, wenn eine Rätseltour in die Testphase geht?
Carl: Zuerst testen wir unsere Touren mit Leuten aus dem Team. Weil wir währenddessen auch Themen wir mögliche Partnerstationen organisieren, dauert das meist 4-6 Wochen. Grobe Schnitzer fallen dabei auf und werden ausgebügelt. Dann startet meistens eine kleine "offene" Testphase, in der wir die Tour noch nicht bewerben, aber ausgewählten planlos.in-Spielern zum Testen anbieten. Dabei achten wir sehr auf das Feedback und darauf, wo Gruppen sich schwertun - nochmal 4 Wochen. Insgesamt entsteht eine Tour also über einen Zeitraum von bis zu einem halben Jahr.

Kölner Rätseltouren “Der verborgene Brunnen” und “Der verborgene Brunnen für Schulklassen” - Foto LVR-ZMB/A. Hiller
p: Dein Kölsch wird in den Feedbacks hi und da bemängelt. Wie gehst du mit Kritik zu deiner Arbeit um?
Carl: Ja, mit dem Dialekt ist es so eine Sache. Zum einen bin ich zwar Rheinländer, aber sicher kein echter Kölsch-Profi (von dem aus den kleinen Gläsern vielleicht einmal abgesehen, hehe). Ich habe zwar fast alles recherchiert, aber im Text ist es dann nicht immer einfach, das natürlich wirken zu lassen. Zumal ich ja die Touren auch für nicht-Kölner mache. Das erfordert also einen Spagat zwischen dem authentischen Dialekt einerseits und einer Lesbarkeit für Fremde andererseits, der nicht an jeder Stelle gelingt. Trotzdem haben wir ja auch sehr viel positives Feedback für diese Tour bekommen.
Insgesamt muss man bei dieser Arbeit bereit sein, auch mal etwas Unkonventionelles oder Schräges zu liefern (also Mut zum "Cringe" gewissermaßen). Wer stets auf der sicheren Seite bleibt, wird damit vermutlich nicht im Gedächtnis bleiben.
p: Mut zum Cringe beweist du mit deiner Rap-Einlage bei der Rätseltour „Das verlorene Reimbuch“. Wie waren die Aufnahmen dazu?
Carl: Alles, was ich dazu sage: Es kam mir hier sehr gelegen, dass der Protagonist Maxi ein Enthusiast, aber vor allem ein Amateur ist.

Street-Art Rätseltour “Das verlorene Reimbuch” in Hamburg
p: Hilft es dir, unter einem Pseudonym zu schreiben?
Carl: Tatsächlich macht das für mich die Arbeit einfacher: Ich beschäftige mich nur mit der Tour als Werk selbst, und nicht damit, was sie eventuell über mich aussagt oder was Leute, die mich kennen, vielleicht davon erwarten. In meinem "9 to 5" Job mache ich auch etwas ganz anderes und vermeide über das Pseudonym ganz pragmatisch, dass zum Beispiel in einem Bewerbungsprozess meine Tätigkeit als Rätseltourentwickler bei Google als Erstes auftaucht.
p: Spielst du auch gerne mal eine Rätseltour deiner Kolleginnen und Kollegen?
Carl: Absolut! Ich habe tatsächlich alle planlos.in-Touren gespielt, und es macht mir selbst immer großen Spaß. Es freut mich immer, wenn ich dabei eine neue Rätsel-Idee kennenlerne, oder eben einfach selbst eine neue Ecke in einer Stadt kennenlernen darf.
p: Last but not least: Verrätst du uns, wie man die Rätsel der Touren am besten knacken kann?
Carl: Auf jeden Fall sollte man die Frage sehr genau durchlesen. Durch unser Punkte-System lohnt es sich fast immer, in Ruhe ein bisschen zu überlegen, anstatt draufloszuraten. Erst wenn es wirklich "klick" macht und alles in der Fragestellung zur Antwort passt, hat man wirklich die richtige Lösung. Wenn man sich nicht ganz sicher ist, sollte man lieber 1 oder auch 2 Hinweise anfragen, als auf gut Glück Dinge auszuprobieren. Wenn man danach einige Aufgaben fehlerfrei beantwortet, kann man sogar den Punktabzug über einen "Joker" ganz vermeiden.
Und, was viele vergessen: wenn es doch einmal gar nicht klappt, sollte man sich nicht scheuen, auch mal die PASSEN-Funktion zu nutzen. Zwar ärgerlich, aber sicher besser, als ewig auf der Stelle zu treten. Und auch hier kann man mit etwas Glück die verlorenen Punkte wieder rausholen.
p. Vielen Dank für die Einblicke in deine Arbeit!
Hier findet ihr die Rätseltouren von Carl Blaustein, sowie seine Kooperationen mit 17 Ziele und MIQUA.
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Dieses Interview entstand im November 2025